LANDTAG STEIERMARK
XVIII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 1967/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 27.01.2022, 22:31:23


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Landwirtschaft
Regierungsmitglied(er): Landesrat Johann Seitinger

Betreff:
Pestizideinsatz transparent machen und Bäuerinnen & Bauern bei der Reduktion unterstützen!

Die steirischen Bäuerinnen und Bauern sind in Sachen Ernährungssouveränität und Kulturlandschaftserhalt das Rückgrat unserer Gesellschaft. Sie erhalten vielfach die Artenvielfalt und erzeugen hochwertigste Lebensmittel, die im internationalen Spitzenfeld liegen. Trotzdem lassen sich mittlerweile im Bier und im Honig, auf Obst und Gemüse, im Gras auf Spielplätzen, in unseren Schlafzimmern und sogar im Urin und in der Luft Spuren von Pestiziden nachweisen. Dabei ist bekannt, dass sich Pestizide negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken, dies ist keineswegs eine neue Erkenntnis. Laut einer aktuellen Studie ist die Zahl der jährlich von Pestizidvergiftungen betroffenen Menschen auf 385 Millionen weltweit gestiegen. Auch ist seit Jahren bekannt, dass Pestizide massiv Insekten und Pflanzen schädigen und Gewässer kontaminieren. In Österreich werden jährlich 13.395 Tonnen Pestizide ausgebracht, das sind umgerechnet 3,5 Kilo pro Hektar Ackerland. In diesen befinden sich 248 verschiedene Wirkstoffe, darunter auch zahlreiche Chemikalien mit negativen Folgen für die Umwelt und menschliche Gesundheit.

Um endlich die international verpflichtenden Biodiversitätsziele zu erreichen, schreitet die EU nun voran: Sie fordert von den Mitgliedsstaaten bis 2030 eine Reduktion des Pestizideinsatzes und der damit zusammenhängenden Risiken um 50 %. Aus Sicht der 1,2 Millionen europäischen Bürgerinnen und Bürger, die bis zum September 2021 die Bürgerinitiative „Save Bees and Farmers“ unterschrieben haben, geht diese Forderung jedoch nicht weit genug. Sie fordern einen kompletten Ausstieg aus der Nutzung chemischer Pestizide bis 2035. Auch für die Steiermark sind die Zahlen erschreckend. Die Ende 2021 präsentierte Rote Liste der gefährdeten Tierarten zeigt deutlich, daß in der Steiermark fast jede zweite Tierart gefährdet ist.

Daraus folgen klare Handlungsaufträge auch für die steirische Landwirtschaftspolitik: Freiwillige Beschränkungen reichen offensichtlich nicht. Es muss ernsthafte und wirksame Kontrollen und gleichzeitig Unterstützung für die Bäuerinnen und Bauern geben, damit sie weniger und - wenn unbedingt nötig - gezielter Pestizide verwenden. Denn die meist vom Wind vertragenen (Abdrift) Pestizide können schließlich auch in unseren Schlafzimmern landen (Antrag der Grünen: 1745/1 Pestizide raus aus steirischen Schlafzimmern!).

In dem vom Landtag Steiermark beschlossenen „Nationalen Aktionsplan über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln für Österreich 2022-2026“, kurz NAP, findet man leider kein allgemeines Reduktionsziel, das den Vorgaben des European Green Deals entspricht (Halbierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln bis 2030). Ebenfalls sieht der NAP keine Verbesserung der Verwendungsstatistik von Pestiziden vor, denn es gibt momentan in Österreich keine Statistiken über die regionalen und kulturbezogenen Verwendungsmengen von Pestiziden, sondern nur Verkaufsstatistiken. Eine solche Verwendungsstatistik wäre grundsätzlich machbar, da die Aufzeichnungen von den Betrieben sowieso geführt und auf Nachfrage hergezeigt werden müssen. Man könnte die Daten im Rahmen des Mehrfachantrages, postalisch oder über eine digitale Plattform erheben und diese Daten dann anonymisiert und aggregiert veröffentlichen.

Da der NAP 2022-2026 offensichtlich keinen ausreichenden Plan zur Reduktion der Pestizide leistet, muss die Landesregierung endlich ausreichende Maßnahmen ergreifen, um unsere Gesundheit zu sichern und den Biodiversitätsverlust in der Kulturlandschaft aufzuhalten.

Quellen:
Global 2000 (2022): Pestizidatlas 2022
https://www.kleinezeitung.at/steiermark/6064658/Neue-Rote-Liste_Fast-jede-zweite-Tierart-ist-in-der-Steiermark


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

  1. eine verpflichtende Abgabe der Pflanzenschutzmitteldokumentation (gemäß § 3 Abs. 8 Stmk Pflanzenschutzmittelgesetz 2012) aller Anwender*innen in der Steiermark im Rahmen des Mehrfachantrags, auf dem Postweg oder vorzugsweise über eine digitale Plattform einzuführen;
  2. auf Grundlage der in Punkt 1 erhobenen Daten einen jährlichen Bericht zu veröffentlichen (dieser soll alle relevanten Daten wie Wirkstoff, Menge, Gemeinde, konventionell/BIO, Kultur etc. beinhalten);
  3. ein fixes bzw. mobiles Monitoringsystem zur permanenten bzw. anlassbezogenen (stichprobenhaften) Pestizidkontrolle in der Luft zu installieren, sowie
  4. zusätzliche Beratungsangebote für Anwender*innen zu schaffen, um
    1. einerseits über die technischen Neuerungen (Spritzmaschinen mit geringerer Abdrift etc.) inklusive diesbezügliche Fördermöglichkeiten zu informieren und
    2. einen betriebsspezifischen Reduktionsplan (Ziel minus 50%) mit Expert*innen zu erarbeiten;
  5. einen landesweiten Pflanzenschutzmittel-Reduktionsplan für die Steiermark auszuarbeiten, um das Ziel des European Green Deals von minus 50% bis 2030 zu erreichen.

Unterschrift(en):
LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne)