TOP 15
EZ/OZ 596/5
Schriftlicher Bericht
Ausschuss: Klimaschutz
Betreff:
Mikroplastik-Granulat im Kunstrasen
zu:
EZ 596/1, Mikroplastik-Granulat im Kunstrasen ersetzen (Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT))
Der Ausschuss "Klimaschutz" hat in seiner Sitzung am Dienstag, dem 06.10.2020 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.
Mit Beschluss des Ausschusses für Klimaschutz vom 30.06.2020 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht eine Stellungnahme zum Antrag, Einl.Zahl EZ/OZ 596/1, abzugeben.
Aufgrund dieses Beschlusses erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:
Aus Sicht der Steiermärkischen Landesregierung und in Verantwortung für Mensch und Natur ist der Neubau von Kunstrasenplätzen mit Mikroplastik-Granulat nicht mehr förderungswürdig und soll im Sinne eines nachhaltigen Handelns beschränkt werden.
In Kommunikation dieser Entscheidung gegenüber Gemeinden, Bildungsreinrichtungen und Sportverbänden ist es ebenso geplant, bewusstseinsbildende Maßnahmen dahingehend zu setzen. Das Bekenntnis des Sports, nachhaltig zu handeln, gebietet es, entsprechend zu agieren.
Hierzu ist festzuhalten, dass die Steiermärkische Landesregierung mögliche zukünftige Beschränkungen, Verbote oder Alternativen bei der Verwendung von Mikroplastik-Granulat als Kunstrasenfüllung ausdrücklich begrüßen würde.
Die Empfehlung des Komitees für Risikoabschätzung (Committee for Risk Assessment RAC) der ECHA (European Chemical Agency) nach einer 6-jährigen Übergangsfrist ein komplettes Verbot für die Verwendung von Mikroplastik als Verfüllmaterial in Kunststoffrasenbelägen (Stand 10. Juni 2020) zeigt, dass die bisherige Vorgehensweise im Land Steiermark, sich eingehend mit alternativen Materialien und Lösungen zu beschäftigen, richtig ist.
Kunststoffrasenbeläge bedeuten zweifelsfrei einen flächenintensiven Beitrag zur Verbauung unserer Umwelt mit Kunststoffen.
Aber die Problematik liegt keinesfalls alleine im Granulat, sondern im Gesamtsystem. Im Gegensatz zu anderen Kunststoffbelägen auf Sportplätzen ist der Kunststoffrasen ein vergleichsweise offenes System mit entsprechendem Potenzial für Verfrachtungen und Abrieb. Unbeachtet bei der bisherigen Diskussion rund um das Granulat blieb nämlich die Frage des Abriebs und des daraus entstehenden Feinstaubs, der vom Menschen auf vielfältige Weise aufgenommen werden kann und eine entsprechende Belastung bzw. Gefährdung bedeutet.
Bezüglich Feinstaub schätzen die Experten die Bändchen, wie die „Grashalme“ des Kunststoffrasens in der Fachsprache bezeichnet werden, ähnlich ein wie das Granulat, da auch das Bändchenmaterial durch die Benützung einen Abrieb erleidet und entsprechende Partikel freisetzt.
Für den Bereich der Sanierung ist im Einzelfall eine Abwägungsentscheidung hinsichtlich der tatsächlich gegebenen Möglichkeiten zu treffen.
Einerseits müssen die Interessen der jeweiligen Sportvereine, deren Austragungsorte für Wettkämpfe im Amateur- und Spitzensport vorgeschriebene Qualitätskriterien erfüllen müssen, berücksichtigt werden, andererseits wird bei Plätzen mit einer langen Restnutzungsdauer zu prüfen sein, ob ein kompletter Austausch des Füllmaterials bei passender Gelegenheit wirtschaftlich verträglich sein kann.
Breits im Jahr 2017 hat sich die europäische Kommission mit der möglichen Gesundheitsgefährdung durch verfülltes Gummigranulat auf Kunstrasenplätzen befasst und die ECHA (European Chemicals Agency) mit der Bewertung möglicher Gesundheitsrisiken von recyceltem Gummigranulat, das als Füllmaterial in Kunstrasenfeldern verwendet wird, beauftragt.
Ökologisch völlig unbedenkliche Alternativmaterialien für den Kunststoffrasenbelag sind derzeit am Markt (noch) nicht verfügbar; Materialien auf Basis nachwachsender Rohstoffe weisen vielfach andere Probleme auf – zweifelsfrei eine wichtige Entwicklungsaufgabe für die Industrie. Ob eine Rückentwicklung zu den organischen Materialien der Vergangenheit – z.B. Tennenplätze, die in Deutschland lange Jahre üblich waren – auf entsprechende Akzeptanz stoßen würde, sei dahingestellt.
Bei der Entscheidung für oder gegen die Neuanlage eines Kunststoffrasenplatzes muss die ökologische Betrachtung künftig eine zentrale werden. Die Euphorie der frühen Jahre rund um den Kunstrasen ist vorüber; auch die erwartete bzw. erhoffte langjährige technische Haltbarkeit hat sich vielfach nicht erfüllt. Nicht selten besteht bereits nach 10 Jahren der intensiven Bespielung Bedarf nach Generalsanierung. Der Kunststoffrasen ist also bis auf weiteres eine Alternativlösung für prekäre räumliche oder klimatische Bedingungen; der Generalforderung nach einem (zusätzlichen) Kunststoffrasenplatz für Vereinsanlagen sollte nicht entsprochen werden.
Bei bestehenden bzw. jedenfalls erforderlichen Kunstrasenplätzen muss es darum gehen, technische Lösungen zu finden, die das Material bzw. die beinhalteten Gefahrenstoffe kontrolliert am Platz belassen; dies beinhaltet selbstverständlich auch eine kontrollierte Schneeräumung. Der kontrollierte Umgang mit diesen Materialien, insbesondere im Rahmen des Betriebes und der Pflege, wird bereits auf europäischer Ebene diskutiert und sollte eigentlich einen vernünftigen Umgang mit derartigen Stoffen darstellen. Diskutiert werden Maßnahmen zur Minimierung der Verfrachtung von derartigen Materialien in die Umwelt (Erfassung Sickerwässer und deren Reinigung, Einfriedung mit Barrieren, Freiräume für kontrollierte Ablagerung und Verwertung, gezielte Pflege).
Bezüglich (politischer) Förderanreize würde es Sinn machen, diese in Richtung der oben angeführten technischen Lösungen zu lenken, die aber jedenfalls einen erhöhten Planungs- und Kontrollaufwand erfordern.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Der Bericht des Klimaschutzausschusses zum Antrag Einl.Zahl 596/1 wird zur Kenntnis genommen.
Die Obfrau:
Zweite Landtagspräsidentin Gabriele Kolar