LANDTAG STEIERMARK
XVIII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2126/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 24.03.2022, 22:31:40


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Klimaschutz
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Mag. Ursula Lackner

Betreff:
Ehemalige Moore als natürliche Kohlenstoffspeicher erhalten und eine nachhaltige Nutzung fördern!

Neben ihrem Beitrag zum Biodiversitätserhalt liefern die feucht-nassen Grünflächen vielfältige Ökosystemdienstleistungen (z.B. Wasserspeicher- und Reinigungskapazität). Moore tragen aber auch wesentlich zum Klimaschutz bei, indem sie große Mengen CO2 aus der Atmosphäre entfernen und in kohlenstoffreichem Torf binden. Die österreichischen Moore speichern in ihren oberen Bodenhorizonten (0 - 50 cm) auf diese Weise mehr Kohlenstoff (ca. 150 Tonnen pro Hektar) als alle anderen heimischen Ökosystemtypen. (Siehe dazu auch die Grüne Anfrage EZ 503/1 „Schutz der Moore und Feuchtwiesen in der Steiermark“)

Viel weniger bekannt und unbeachtet sind aber die ehemaligen Moore, die sogenannten Torfböden. Von diesen sind nur der Untergrund, d.h. der Torfkörper (im bodenkundlichen Sinn Substrat mit mindestens 35% organischer Substanz) übriggeblieben. Diese Standorte sind entwässert und werden land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Sie kommen in allen moorreichen Regionen Österreichs vor. Das liegt daran, dass der Mensch in den meisten Regionen versucht hat, die Moore zu entwässern, abzutorfen (d.h. den Torf abzubauen und zu nutzen) oder land- und forstwirtschaftlich nutzbar zu machen. Auch in der Steiermark findet man viele Flächen in den alpinen Haupt- und Seitentälern. Im Gegensatz zu den Flächenzahlen der Moore sind aber die Angaben zu den Torfböden sehr unterschiedlich und bedürfen noch weiterer wissenschaftlicher Erhebungen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass das Verhältnis von Mooren und Torfböden bei 1:1 liegt (europäischer Durchschnitt). In manchen Gebieten, wie zum Beispiel der westlichen Obersteiermark, nehmen Moore und/oder Torfböden einen weit überdurchschnittlichen Flächenanteil ein.

Es besteht für die österreichischen bzw. steirischen Torfböden Handlungsbedarf, da sie im gleichen Ausmaß wie die „klassischen“ Moore einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Denn in den mächtigen entwässerten und dadurch gut durchlüfteten Torfböden kommt es zu sehr effizienten Abbauprozessen, die zu einer beschleunigten Abgabe von Kohlendioxid in die Atmosphäre führen. Gleichzeitig entsteht im schlecht sauerstoffversorgten Wasser der Entwässerungsgräben weiterhin Methan, das ebenfalls freigesetzt wird. Zusätzlich wird auch noch über die Entwässerungsgräben der im Porenwasser gelöste organische Kohlenstoff abgeführt (typisch braunes Moorwasser). Dies alles macht die entwässerten Torfböden zu einem starken Klimakrisen-Beschleuniger.

Um diese starke Abgabe von Treibhausgasemissionen zu stoppen, braucht es eine Wiedervernässung dieser Torfböden. Diese Art des Torfbodenerhalts bzw. Moorschutzes schließt jedoch die wirtschaftliche Nutzung nicht aus. Es gibt eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Kulturen, die auf solchen feuchten Böden angebaut und genutzt werden können. Dieses Konzept Paludikultur (lat. palus „Sumpf, Morast“) wurde mit dem Ziel entwickelt, Schutz und Nutzung von Torfböden/Mooren in Einklang zu bringen. Beispielsweise kann dabei der Anbau von Paludikulturen auf wiedervernässten Mooren zur energetischen Verwertung unter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Belange einen Beitrag zur Erzeugung regenerativer Energie aus Biomasse (Rohrkolben, Schilf) leisten. Weitere Nutzungsbeispiele sind der Einsatz als Bau- oder Dämmstoff, der Anbau von Wertholz (Erlen) oder die Beweidung durch Wasserbüffel. Auch können Torfmoose kultiviert werden, die in Gartensubstraten den Torf ersetzen; während der Kultivierung wird der Torfkörper nicht zerstört, Kohlenstoff gespeichert und moortypische Tierarten werden wieder ansässig.

In Deutschland hat man schon vor Jahren damit begonnen vermehrt an den Paludikulturen zu forschen und auch Pilotprojekte umzusetzen. Mit ihrer Initiative in Mecklenburg-Vorpommern „Nutzung von Paludikulturen befördern“ hat die Landesregierung bereits 2015 die Forschungsaktivitäten im Bereich der Nutzungsmöglichkeiten von wiedervernässten Mooren intensiviert. Gleichzeitig wurden auf landeseigenen wiedervernässten Mooren ein Versuchsanbau von Paludikulturen und deren energetische Verwertung als Modellprojekt umgesetzt.

In Österreich befindet sich allerdings das Thema Torfböden und Paludikulturen in einem Dornröschenschlaf. Forschungsaktivitäten gibt es zwar bereits, zum Beispiel das Projekt der Universität Wien „PALUS - Potential der Paludikultur in Österreich“, jedoch braucht es noch viel mehr Forschung und vor allem Pilotprojekte mit Best-Practice Beispielen.

Quellen:
https://info.bmlrt.gv.at/service/publikationen/wasser/moorstrategie-oesterreich-2030.html
https://www.spd-fraktion-mv.de/aktuelles/news-aus-dem-landtag/einigkeit-beim-moorschutz-und-der-nachhaltigen-nutzung-von-paludikulturen
https://mowi.botanik.uni-greifswald.de/de/archiv_aktuelles.php
https://www.bfn.de/sites/default/files/2021-10/paludikultur.pdf
https://geographie.univie.ac.at/arbeitsgruppen/geooekologie/forschung/abgeschlossene-projekte/palus


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

1. die Forschung zu den steirischen Torfböden aus Landesmitteln zu fördern und

2. ein Paludikultur-Pilotprojekt auf wiedervernässten Torfböden zu initiieren.


Unterschrift(en):
LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne)